Aus der Lebensbeschreibung von Märtyrer Stefan (Nalivajko)

Aus der Lebensbeschreibung von Märtyrer Stefan (Nalivajko)



Hegumen Damaskin (Orlovskij)

„Am 21. Januar wurde Stepan das letzte Mal zum Verhör gerufen.

‚Bekennen Sie sich in der gegen Sie vorgebrachten Anklage für schuldig?‘ – ‚Ich bekenne mich in der gegen mich vorgebrachten Anklage für nicht schuldig.‘

Am selben Tag stellte der Untersuchungsrichter ein Protokoll über die Beendigung der Untersuchung zusammen und gewährte dem Beschuldigten die Möglichkeit, die Materialien selbst einzusehen. Nachdem Stepan sie durchgesehen hatte, schrieb er:

‚Die Materialien der Untersuchungsangelegenheit von 33 Seiten habe ich zur Kenntnis genommen. Entsprechend meiner während der Untersuchung gemachten Aussagen bekenne ich mich für nicht schuldig. Ich habe nirgendwo und niemals antisowjetische Agitation betrieben (…). In keiner der oben genannten Angaben bekenne ich mich für schuldig.‘

Nach Durchsicht der Untersuchungsmaterialien kam die Sektion der Abteilung für spezielle Angelegenheiten 4. Februar zu folgendem Schluss:

‚Zur Rechenschaft gezogen und als Angeklagter verhört, konterrevolutionäre Agitation betrieben zu haben, lehnt Nalivajko, S. P. es ab, sich für schuldig zu bekennen, wobei er nicht die Tatsache bestreitet, die Kirche (auf dem Friedhof) in Simferopol` bis zu zwanzigmal besucht zu haben. Unter Berücksichtigung dessen, dass die eingegangenen Materialien für eine Gerichtssitzung nicht ausreichend sind, die Person des angeklagten Nalivajko, S. P. aber für sozial gefährlich eingestuft wird, würde ich folgendes vorschlagen: Die Angelegenheit der Anklage von Nalivajko, S. P. konterrevolutionäre Agitation betrieben zu haben, zur Untersuchung an den Sonderausschuss des NKVD der UdSSR weiterzuleiten.‘

Am 7. April 1941 verurteilte ein Sonderausschuss des NKVD der UdSSR Stepan Pimenovich zu fünf Jahren Haft in einem Arbeits- und Verbesserungslager. Vor Abreise ins Lager durfte Nalivajko seine Tochter noch mal sehen. Der Vater sagte zu ihr: Damals war bei Vater Nikolaj nicht dessen Bruder zu Besuch, sondern der Vorsteher der Untersuchungsabteilung des NKVD. Vater Nikolaj ist selbst ein Mitarbeiter des NKVD. Alles, worin man mich persönlich beschuldigt hat, ist erdacht. Da aber der Beschluss zu meiner Angelegenheit durch einen Sonderausschuss zustande gekommen ist, prüft niemand, was dort gesagt worden ist. Man hat mich nur deshalb verurteilt, weil ich schon früher verurteilt worden bin.

Stepan Pimenovich wurde in ein Arbeits- und Verbesserungslager nach Noril`sk gebracht. Mit Anbruch des Zweiten Weltkriegs kam der Briefkontakt zwischen ihm und seinen Verwandten zum Erliegen. Erst Anfang 1945 erhielten sie von ihm nach langer Pause einen Brief: ‚Bis zum Ende meiner Haftzeit verbleiben nur drei Monate. Gebe Gott, dass wir noch einige Zeit gemeinsam verbringen können.‘

Seine Nahestehenden schickten ihm einen Brief, Geld und ein Paket, doch eine Antwort erhielten sie nicht mehr. Nach einiger Zeit stellte Raisa Stepanovna eine Anfrage an die Verwaltung des GULAGs1, von wo man ihr antwortete, Stepan Pimenovich Nalivajko sei am 12. Februar 1945 an Auszehrung gestorben.

(Schröter, K. A. (Hg.): Wir gerieten in Feuer und Wasser und Du hast uns belebend herausgeführt, Hegumen Damaskin (Orlovskij), Hochschulverlag 2010, S. 119f.)

Sursa:http://vatopaidi.wordpress.com/2010/12/20/aus-der-lebensbeschreibung-von-martyrer-stefan-nalivajko/